Interview mit Stéphane Quellet Brauer ist ein vielseitiger Beruf

Stéphane ist ein Brauer aus Leidenschaft. Wie kein anderer hat er sich über Jahrzehnte u.a. als Vertreter in der Braumeistervereinigung, als Präsident der Hopfenkommission und als Dozent für die Biersommelier-Ausbildung für die Bierbranche in der Schweiz eingesetzt. Er liebte es nicht nur, das Brauhandwerk auszuüben, sondern es auch an die nächsten Generationen weiterzugeben. Er hat bei Feldschlösschen als Ausbildner über 40 Brauerlernende ausgebildet und war auch viele Jahre Leiter der Berufsausbildungskommission des Schweizer Brauerei-Verbands. «Ich hatte das grosse Glück, mein Hobby zum Beruf zu machen und bin dem wunderbaren Getränk Bier immer treu geblieben. Das werde ich natürlich auch in Zukunft bleiben - ab März jedoch ‚nur noch‘ als Konsument», sagt Stéphane mit zwei lachenden Augen.
1. März 2021
#Rund ums Bier

Interview

Ist der Beruf des Bierbrauers vergleichbar mit damals, als du vor rund vier Jahrzehnten in der Ausbildung warst?

Kaum, denn dieser Beruf hat sich wie viele andere stark verändert. Früher sind die Brauer vor allem mit manuellen Tätigkeiten wie dem Transport und dem Mischen von Rohstoffen oder der Handreinigung von Gärbottichen und Lagertanks beschäftigt gewesen. Heute haben sie als Operators die Verantwortung für die Bedienung und Überwachung von automatisierten Prozessen. Neben den technischen und technologischen Kompetenzen sind unter vielem anderem auch EDV-Kenntnisse gefragt. Die intellektuellen Ansprüche sind gestiegen, körperlich ist dieser Beruf heute aber nicht mehr so anstrengend wie früher.

 

Würdest du dich trotzdem wieder für eine Brauerlehre entscheiden?

Ja, ich würde diese Ausbildung auf jeden Fall wieder wählen, wobei das Berufsbild heute «Lebensmitteltechnologe EFZ mit Schwerpunkt Bier» heisst. Trotz der vielen Veränderungen ist dieser Beruf vielseitig geblieben. Es geht um die Rohstoffe und deren Analyse, um Technologie, Qualitätskontrolle, Informatik und vieles mehr. Trotz all dem verliert man nie den Bezug zum Produkt, dem Bier. Am Ende meines Berufslebens darf ich sagen, dass ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe.

 

Warum ist trotzdem seit Jahren ein Fachkräftemangel zu beklagen?

Weil sich wie der Beruf auch die Jugendlichen verändert haben. Unregelmässige Arbeitszeiten und ein Schichtbetrieb sind für die meisten unattraktiv, viele wollen sogar Teilzeit arbeiten. Hinzu kommt, dass sich die jungen Leute am Ende der obligatorischen Schulzeit zu einem Zeitpunkt für eine Ausbildung entscheiden müssen, zu dem sie noch keinen Bezug zum Produkt Bier haben. Deshalb erhalten wir vor allem von Jugendlichen Anfragen, die bereits zwischen 18 und 20 Jahre alt sind. In diesem Alter haben sie sich bereits mit Bier auseinandergesetzt und es natürlich auch konsumiert. Erschwerend hinzu kommt, dass eine Brauerei eine gewisse Grösse haben muss, um Lernende überhaupt ausbilden zu können. Aus all diesen Gründen wird es auch in Zukunft nicht einfacher, genügend geeignete Kandidaten zu finden.

 

Leidet die gesamte Lebensmittelindustrie unter einem Fachkräftemangel?

Ja, zu Lebensmitteltechnologen EFZ lassen sich pro Jahr höchstens 100 junge Leute ausbilden. Das Hauptproblem ist, dass der Beruf zu wenig bekannt ist. Ich stelle fest, dass man Lebensmittel zwar konsumiert, sich aber kaum dafür interessiert, wie sie hergestellt werden.

 

Welche Perspektiven haben junge Brauer?

Sehr gute, denn seit der Beruf des Bierbrauers im Jahre 2000 in die Ausbildung zum Lebensmitteltechnologen EFZ integriert worden ist, wissen sie über sämtliche Aspekte der Lebensmittelproduktion Bescheid und haben sich auch Grundkenntnisse in anderen Fachrichtungen wie Backwaren, Schokolade und Convenience-Produkte erworben. Das erweitert die Anstellungsmöglichkeiten ebenso wie die vielen Weiterbildungen, die angeboten werden.

 

Du kümmerst dich seit 25 Jahren intensiv um Auszubildende …

… und das war für mich immer sehr motivierend und auch inspirierend. Es ist interessant mitzuerleben, wie sich die jungen Leute während der Ausbildungszeit entwickeln. Sie legen ihre Schüchternheit ab und entwickeln eine grosse Leidenschaft. Sie erwerben nicht nur Fach-, sondern auch Sozialkompetenzen wie Teamarbeit und Verantwortungsbewusstsein. Sie haben zu Recht einen grossen Berufsstolz, denn als Lebensmitteltechnologen leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Grundversorgung.

Stéphane Quellet

Der Neuenburger hat nach der Matura eine Brauerlehre in Lausanne absolviert und sich in München zum Diplombraumeister ausbilden lassen. Vom damaligen Unternehmen «Birra Lugano» wechselte Stéphane Quellet 1992 zur Brauerei Gurten in Bern und vier Jahre später an den Feldschlösschen-Hauptsitz nach Rheinfelden. Dort war er in den letzten zehn Jahren als Leiter Produktionsentwicklung auch für die Aus- und Weiterbildung zuständig. Zudem leitete er während vieler Jahre die Berufsausbildungskommission des Schweizer Brauerei-Verbandes. Ende Februar ging Stéphane Quellet nach 35 Dienstjahren bei Feldschlösschen in Pension. Wir lassen Stéphane nur schweren Herzens gehen und danken ihm unendlich für seine Treue und Hingabe. Wir, die Kolleginnen und Kollegen von Feldschlösschen, sagen Danke und wünschen ihm: Einen schönen Ruhestand, stets mit einem kühlen Bier in der Hand.